Schleswig-Holstein kann so groß sein, daß man sich vorkommt wie David gegen Goliath... Ich wohne mit meiner Familie auf der Insel Föhr am nördlichen Zipfel von Schleswig-Holstein. Wir wohnen zwar nicht am Ende der Welt, so kommt es einem aber vor, wenn man zwei ADHS-Kinder an seiner Seite hat.
Unsere Odyssee begann als unser Sohn (jetzt 7 Jahre ) in den Kindergarten kam. Dort kapselte er sich immer mehr von der Gruppe ab und zu Hause flippte er aus (so schlug er auf seine Schwester ein -sie ist ein Jahr älter-, schmiss mit Spielzeug um sich und auf jede Anforderung schrie und tobte er nur "nein, nein, nein!").
Es erfolgte dann eine Aufnahme im Westküstenklinikum Heide- ungefähr 4 Stunden für uns, da die Fähre ja immer noch dazu kommt.
Durch die Lebenshilfe Sylt wurde eine Frühförderung abgelehnt- er wäre zu intelligent und solche Kinder werden nicht gefördert... Mit 5 Jahren war er so schwierig, daß er keine Freunde hatte, noch nie zu einem Geburtstag eingeladen war und selbst Oma und Opa nicht mehr auf ihn aufpassen wollten.
Die Erziehungsberatungsstelle in Niebüll (einmal überm Deich) konnte keine Hilfe leisten, da eine Fahrzeit von 2 Stunden hin und 2 Stunden zurück (mit der Bahn) nicht im Verhältnis zu der zu erwartenden Förderung stehen würde.
Die Kinder und Jugendpsychatrie Breklum (dort wartet ich 7 Monate auf einen Termin) kam zu der Diagnose ADS mit opp. Verhalten- endlich etwas handfestes. Aber auch von dort kein Therapieangebot, da zu weit (nur mit dem Auto zu erreichen, da keine DB-Haltestelle, ca. 2 Stunden). Inzischen ist diese Außenstelle geschlossen worden, weil sich kein Nachfolger für den Psychiater gefunden hat.
Also hieß es für uns ins Werner-Otto-Institut zu fahren. Alle anderen fuhren am Wochenende nach Hause, nur wir mussten bleiben, weil eine Fahrt von 5 Stunden am Samstag hin und am nächsten Tag 5 Stunden zurück nicht zumutbar war. Dort wurde festgestellt, dass unsere Tochter (jetzt 8 Jahre ) auch ADS-H hat, mit einer emotionalen Störung. Und dass dringend Handlungsbedarf in Form einer Therapie besteht, da sie immer deppressiver wurde.
Doch auf der Insel gibt es niemanden der sich mit Kindern mit ADS auskennt (wir haben ja noch nicht mal einen Kinderarzt). Die nächste Kinderpsychologin ist hinter Flensburg- also drei Stunden Fahrt... Und Kiel...wie gesagt...Schleswig- Holstein kann so groß sein.... Sind wir jetzt gezwungen aufs Festland in eine Großstadt zu ziehen um unseren Kindern die Hilfe zukommen zu lassen, die sie brauchen? Wir sind ja bereit Kompromisse einzugehen, aber zu welchem Preis?
(Bericht aus 2002)